Ein Steinhaus für geschuppte Wechselwarme

von m. swiergot (Kommentare: 0)

Zwei Eimer Schotter vor Grube
Frisch ans Werk: Der Schotter steht bereit, nun muss die Grube ausgehoben werden.

Wenn es ohne Hundekot und größere Verletzungen vonstatten geht, macht das Arbeiten unter freiem Himmel richtig Spaß. Die Lunge atmet tief durch, die Muskeln freuen sich über die neue Herausforderung, die Haut reguliert den Wärmehaushalt neu, und Ohren und Augen sind ganz auf die Tiere der Wiese eingestellt. Sitzt da drüben nicht schon wieder der Feldhase im hohen Gras? Und hat nicht eben das Rotkehlchen neugierig meine Tasche inspiziert?

Ich besinne mich auf meine Pläne und schaue auf meiner inneren Liste nach. Ach ja, der Eidechsenbau...! Neben einer kleinen Totholzhecke und diversen Laubhaufen möchte ich einen Steinhaufen anlegen, um Zauneidechsen anzulocken. Das ist nicht ganz einfach, denn sie brauchen ganz bestimmte Bedingungen, um sich wohlzufühlen: ein großes Revier, Sicherheit, Wärme, Schutz, schnelle Wege.

Vor allem aber: keine Katzen! Katzen und Naturschutz in der Stadt vertragen sich nicht. Sie jagen einfach alles, was sich bewegt, auch Schmetterlinge, Heuschrecken oder Libellen. Da die Population so unverhältnismäßige Ausmaße angenommen hat – man schätzt rund 17 Millionen Tiere, verwilderte Katzen eingeschlossen – ist auch der Schaden für die restliche Tierwelt enorm.

Wechselwarme Tiere, wie ein Steinhaufen sie anzieht, sind besonders gefährdet, da sie morgens unterkühlt sind und sich erst einmal in der Sonne aufwärmen müssen. Reptilien oder Amphibien werden es also schwer haben auf der Wiese. Ich will es trotzdem versuchen, denn in den Kleingärten oberhalb gibt es Blindschleichen, und das scheint mir eine gute Voraussetzung zu sein – zählen diese doch ebenfalls zu den Echsen.

Kleiner Einschub für abgeneigte LeserInnen: Neben Igeln, Vögeln, Kröten, Laufkäfern, Spitzmäusen, Glühwürmchen und Tigerschnegeln gehören auch Blindschleichen zu den natürlichen Feinden der Nacktschnecken. Es hat also klare Vorteile, im Garten einen Kompost anzulegen oder Laubhaufen liegenzulassen.

Zauneidechsen sind schillernde Geschöpfe, zumindest die Männchen in der Paarungszeit. Mit grünen Flanken machen sie dann die Angebetete auf sich aufmerksam. Wie der Name schon ausdrückt, brauchen sie Grenzstrukturen wie Hecken und Säume, um sich wohlzufühlen, doch selbst das ist heute schwer geworden, weil die Landschaft so ausgeräumt ist. Die Zauneidechse ist deshalb streng geschützt und wurde zum Reptil des Jahres 2020 gewählt.

Im Baustoffhandel meines Vertrauens besorge ich also zwei Eimer Schotter, außerdem hatte ich von einer Baustelle an der Schlosshofstraße schon diversen Sandsteinbruch auf die Wiese geschleppt. Das mache ich für meine Urban Gardening Beete schon seit Jahren so, immer nach Absprache mit den Bauarbeitern vor Ort natürlich. So kann man sich nach und nach einen schönen, kostenlosen Steingarten zusammensammeln.

Im oberen Wiesenteil – da ist es am wärmsten – hebe ich eine etwa 60 Zentimeter tiefe Grube aus und fülle den Boden mit Schotter auf. Diese Drainage soll bei den späteren Bewohnern für trockene Füße sorgen, falls mal ein Starkregen niedergeht. Auf den Schotter schichte ich die Sandsteine möglichst so, dass wenig Regen eindringt. Da ich noch Unmengen von Brombeerschnitt übrig habe, tarne ich damit den Steinhaufen, denn wer auch immer später darin wohnt, wird wahrscheinlich von weiteren Jägern und Feinden belästigt werden.

Als kleine Verzierung pflanze ich die Felsenbirne daneben, die ich zusammen mit den Weißdornen gekauft hatte. Das sie kleiner bleibt als die üblichen Felsenbirnen, wird sie auf diese Weise nicht übersehen. Und sie wird ein klein wenig Schatten auf diesem sehr trockenen Wiesenteil spenden.

Tja, und nun wartet der Steinhaufen auf die ersten Mieter. Witzigerweise werde ich gar nicht merken, wenn sie eingezogen sind und wer es überhaupt ist, denn ich habe ja alles mit Zweigen zugebaut. Bei Gelegenheit folgt dann Teil 2 der Anlage, eine Sandfläche neben dem Bau. Eidechsen-Weibchen können dann ihre Eier ablegen. Blindschleichen können sich sonnen. Oder Spatzen können zum Sandbaden vorbeischauen. Bis dahin werde ich hoffentlich eine Idee haben, wie ich die Anlage gegen Beutegreifer sichern kann.

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