Nach dem Sensen ist vor dem Sensen
von m. swiergot (Kommentare: 0)

Hatte ich geschrieben, dass der Juni der Sensenmonat bleibt? Ach je... Jeder Monat ist ein Sensenmonat. Und auch, wenn das viele Nass von oben dieses Jahr richtig gut für die Vegetation ist, habe ich im Juli doch mehrfach geflucht. Nicht nur die Wiese wächst durch den Regen wie verrückt, auch das Brennnesselfeld in der Mitte habe ich schon dreimal gemäht. Selbst die obere Fläche entfaltet dieses Jahr ihre volle Kraft, sie war im heißen Sommer 2019 gerade mal bis auf Kniehöhe gekommen.
Vor zwei Tagen nun hat die Stadt einen Berg voll Heu mitgenommen. Meine Pläne, eine kleine Fläche stehenzulassen, habe ich wieder umgeworfen oder zumindest abgeändert. Einerseits muss das Gras zu den Nachbarn hin immer etwas kürzer bleiben, andererseits musste ich den Walnussbaum ja freilegen. Ich hatte völlig vergessen, dass weiterhin schwarze Früchte herunterfallen, die im hohen Gras nicht zu finden sind. Allerdings scheint mir der Kampf gegen die Walnussfruchtfliege erste »Früchte« zu tragen, der Befall hält sich bisher in Grenzen, ich habe »erst« drei Eimer abgesammelt.
Was den Regen anbelangt, kann man bei manchen Pflanzen nur noch von »Wuchern« sprechen. Es ist fast unmöglich mit der Pflege hinterherzukommen. Mehrfach habe ich schon die Brombeeren am Hang gekürzt, und auch die Ackerwinde erstickt große Flächen unter sich. Mein geplanter »Rosenhang« könnte an dieser Ackerwinde scheitern.
Daran zeigt sich meiner Meinung nach das fatale Pflegekonzept in vielen Grünanlagen, aber auch auf Brachflächen: Wenn jahrelang mit dem Mulchmäher oder Freischneider das gesamte Grün zurückgestutzt wird und dann liegenbleibt, werden kleinste Pflanzenstückchen auf der Fläche verteilt, die überall wieder anwurzeln. Gerade Brombeere, Winde und Giersch sind Meister darin sich neu zu erfinden. Wären sie Menschen, würde man ihnen eine geradezu unheimliche Resilienz attestieren.
Das Sensen ist eine Kunst, die gelernt sein will
Obwohl ich mir für 2020 vorgenommen hatte, das Sensen moderat zu betreiben, sind die körperliche Erschöpfung und die Wehwehchen zurück. Diesmal ist es ein Schulter-Impingement und dauerhafter Muskelkater. Der andauernde Regen hat leider die Tage reduziert, an denen Sensen überhaupt möglich war. Außerdem musste ich ständig das Heu wenden, um nicht so viel Schwarzschimmel entstehen zu lassen. Aktuell steht die obere Wiese noch in voller Pracht, während unten schon wieder das Gras nachwächst.
Eine neue Lektion war, dass das Gras umso zäher wird, je später ich mähe. Da der Regen die Halme zum Teil umgelegt hatte, blieb außerdem oft die Sense hängen und die Arbeit glich eher einem Reißen denn einem Schneiden. Womöglich müsste ich auch öfter dengeln, damit die Sense scharf bleibt, doch davor scheue ich mich – das Sensenblatt ist nämlich schon verdengelt, mangels gutem Unterbau für den Amboss. Viele Gründe also für einen Fortgeschrittenen-Kurs, der dann aber richtig ins Geld geht.
Hmm, gab es denn im Juli gar nichts Erfreuliches auf der Wiese? – Doch!
Da wäre z. B. ein kleiner Mini-Frosch, der beim Sensen davonhüpfte. Vielleicht war es auch eine kleine Erdkröte. Außerdem habe ich zwei große Libellen gesichtet, eine eher grün-gelb, die andere blau. Schmetterlinge sind leider nach wie vor sehr selten – außer dem Großen Ochsenauge, das sich seit 2019 vervielfacht hat. Kein Tag, an dem ich nicht mindestens fünf Exemplare sehe.
Obwohl das Gras so hoch steht, hat es meine Rundblättrige Glockenblume an mehreren Stellen zur ausgewachsenen Pflanze geschafft. Ich hatte sie Anfang des Jahres als Keimling ausgebracht. Erstaunlich, dass die zarte Pflanze sich durchgesetzt hat, denn von den Schafgarben oder Wiesenflockenblumen habe ich noch keine entdeckt. Allerdings sind nun auch die Malven am Zaun zur Straße durchgestartet, sie werden hoffentlich im August in voller Blüte stehen.
Eine besondere Überraschung geht von der Nachbarschaft aus: Seit ein paar Tagen sind rund um die Wiese mehrere kleine Tumfalken unterwegs, die noch lautstark bei der Mutter betteln. Man kann sie gut bei ihren Flugversuchen beobachten. Eine Nische über einem Balkon an einer Hausfassade hatte den Altvogel schon vor Monaten zum Nisten und Brüten animiert.
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Zwei, drei Sensenschwünge, und schon gibt es wieder Berge an Heu. -
Das Brennesselfeld in der unteren Wiese will einfach nicht aufhören zu wachsen ;-). -
Hier ist gut zu erkennen, wie hoch das Gras Mitte Juli stand. Der Walnussbaum ist mittlerweile freigelegt. -
Die Rundblättrige Glockenblume konnte sich in der oberen Wiese durchsetzen. -
Die Vogelwicke darf weiterhin stehenbleiben, sie ist einfach sehr gut von Isekten besucht. -
Hummel an Vogelwicke, eine unerschöpfliche und beliebte Nahrungsquelle. -
Die einfachen Wildblumen sind bei unseren heimischen Insekten am beliebtesten. -
Zahlreiche Heuschrecken zirpen auf der Wiese, wenn es sonnig ist – sie lieben es warm und trocken. Hier der Rotleibige Grashüpfer. -
Im hohen Gras finden sich zahlreiche Ameisenhaufen, die zum Teil bis zu 20 Zentimter hoch sind. -
Das Große Ochsenauge wärmt sich in der Sonne. -
Nun ist auch die Rose Pink Meidiland aufgegangen, sie ist rund sechs Wochen später dran als Bingo Meidiland. -
Wieder da: der Echte Alant. -
Auf dem Erdaushub der Eidechsengrube hatte ich Thymian angesiedelt, hier unser klassischer Heilquendel (Thymus pulegioides). -
Die Wilde Möhre ist auf der Wiese heimisch. Sie ist die Mutter unserer Gartenmöhre. -
Sie zieht immer viele Käfer, aber auch Sandbienen-Arten an. Zu erkennen ist sie an einem schwarz-roten Fleck in der Mitte der Dolde, der die weibliche Blüte darstellt. -
Auch der Wiesen-Bärenklau ist bei den Insekten sehr beliebt. -
Ein Heuberg wartet auf den Umweltbetrieb, doch unten ist das Gras schon wieder kräftig nachgewachsen.
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