Pflanzzeiten sind die Monate mit "R" – eigentlich

von m. swiergot (Kommentare: 0)

Weißdron mit Blüte und Beeren
Der Weißdorn bietet zahlreichen Tieren sowohl im Frühjahr als auch im Winter Nahrung. Fotos: MAKY_OREL /_Alicja_@pixabay

Eigentlich wollte ich mit den meisten Aktionen warten, bis das Crowdfunding auf Startnext beendet ist. Denn was geschieht, wenn ich zwar vorfinanziere, aber das Funding dann doch nicht klappt?

Andererseits: Sollte das Projekt Ende September erfolgreich sein, dauert es weitere drei Wochen, bis das Geld auf dem Konto ist. Zu spät, um die Wiese in Ruhe für den Winter vorzubereiten, denn ich kann ja nicht jeden Tag dort sein. So jedenfalls überzeuge ich mich recht schnell, um dieser Tage zwei spontane Aktionen zu starten. Vielleicht zu spontan...?

Da ist einmal der Wunsch, etwas Heimisches zu pflanzen, um den Bienen und Vögeln schon nächstes Jahr eine Freude zu machen. Ein Weißdorn und eine Felsenbirne sollen es sein. Und dann habe ich mir ja noch die Ansitzstangen für Greifvögel in den Kopf gesetzt. Ähnlich wie im Obstbau und in der Landwirtschaft, wo sie gern gesehene Gäste sind, möchte ich die gefiederten Jäger wegen der Wühlmäuse anlocken. Da es an den Feldrändern aber kaum noch freistehende Bäume gibt, sitzen die armen Tiere oft auf den Leitpfosten von Autobahnen oder Landstraßen und warten auf Aas. Nicht selten werden sie dann selbst zum Opfer.

Zuerst mache ich mich also auf den Weg zum Baumarkt. Wieder ist das Internet mein Freund, denn vom LBV erfahre ich, welche Materialien ich für die sogenannten Julen brauche. Was ich dort hingegen nicht lese, ist, wie man die zwei bis drei Meter hohen Pfähle in die Erde bringt, ohne dass sie hinterher schwanken, wenn ein Mäusebussard draufsitzt. Nach einiger Suche die Lösung: mit einem Erdbohrer. Ich entscheide mich erstmal für die handbetriebene Variante und leihe sie im Baumarkt meines Vertrauens.

Erdbohrer – eine segensreiche Erfindung

Als ich das kleine Metallteil aus der Hand der Verkäuferin entgegennehme, werde ich skeptisch: Und das soll mich 80 Zentimeter tief in einen Boden bringen, der seit Monaten kein Wasser gesehen hat? Und wo ist da das Gewinde, das die Erde beim Bohren nach oben transportiert? "Keine Ahnung, aber es scheint zu klappen, es hat sich noch niemand beschwert," so die fachkundige Antwort.

An der Wiese angekommen, setze ich das Teil neugierig auf den Boden, drehe zweimal mit etwas Druck nach links und – schon hat sich das Gerät in die Erde gezogen. Ich bin beeindruckt. Was ist der Mensch doch für ein kreatives Wesen. Was diese Spezies schon so alles erfunden hat... Leider auch viel zu viele unschöne Dinge.

Sofort bin ich infiziert, ich schraube mich sozusagen in die Begeisterung hinein und möchte jetzt nur noch Erdlöcher bohren. Ohne weitere Probleme komme ich so tief, dass mein Arm bis zur Achsel im Erdreich verschwindet. Allerdings sei für NachahmerInnen wirklich ein Gerät mit Gewindeschnecke empfohlen, denn ich muss immer wieder mit der Hand die gelockerte Erde aus den Löchern puhlen. Doch dann geht es sehr schnell und die Ansitzstangen stehen. Die Bussarde und Eulen können also kommen.

Weniger ruhmreich verläuft der Pflanztag. Ich fahre extra zur Bioland-Baumschule Upmann in Steinhagen. Sie liegt sehr malerisch auf dem Land und ist an einen restaurierten Hof angeschlossen. Mit Ralf Upmann suche ich zwei schöne kleine Weißdorne aus, die gewünschte Felsenbirne hat er allerdings nur als "var. pumila", das heißt sie bleibt klein. Sie ist eine relativ seltene Varietät und wird nicht oft angeboten. Ich nehme sie natürlich trotzdem, denn ich habe einen Hang zu Steingarten-Pflanzen. Dass die Felsenbirne auf einer Wiese mit 1,50 Meter hohen Gräsern stehen soll, vergesse ich geflissentlich.

Drei kleine Bäumchen ziehen auf die Wiese

Der Gärtnermeister erinnert mich freundlich: Pflanzzeit sei jetzt natürlich nicht, mitten im August, und dann noch in einer Hitzewelle. Ich nicke wissend: Ja, ja, nur Monate mit "r". Ich wolle die Pflanzen schattig stellen und im September auspflanzen, versichere ich.

Am nächsten Tag ist es unerwartet trübe. Oder für mich unerwartet, denn ich habe keine "Wetter-App". Sollte es heute etwa regnen? Ich sehe im Internet nach. Tatsächlich, Regen ist angesagt. Sofort denke ich an die neuen Pflanzen. Nass von oben bedeutet: ideales Wetter zum Auspflanzen, denn dann braucht man die Setzlinge nicht so stark einzuschlämmen und sie bekommen Regen- statt Leitungswasser.

Kurzentschlossen packe ich den Spaten ein, fahre zur Wiese und beginne zu graben. Erdlöcher. Größere dieses Mal. Ein Weißdorn in die obere Wiese, einer in die untere, die Felsenbirne bleibt erstmal im Topf. Ich gebe den Pflanzen ordentlich Wasser und freue mich, als spät abends der Regen beginnt. Ich bin zufrieden, die kleinen Weißdorne dürfen jetzt Wiesenluft schnuppern und können bis zum Winter gut einwachsen. Oder doch nicht...?

Der nächste Tag beginnt erneut mit Regen, danach wird es wieder etwas wärmer, die Sonne zeigt sich. Ich bin entspannt, die wechselhafte Bewölkung ist gut, um die Pflanzen an den neuen Standort zu gewöhnen. Doch es bleibt nicht lange so, im Gegenteil: die nächste Hitzewelle kündigt sich an, weitere Tage um die 30 Grad werden erwartet.

Die kleinen Weißdorne scheinen robust zu sein, ich gieße sie täglich, und sie sehen immer noch gut aus. Doch plötzlich wird es ihnen zu viel. Von einem Tag auf den anderen sehe ich mit Schrecken, dass sich die Blätter einrollen und anfangen zu vertrocknen. Natürlich! Es fällt mir wie Schuppen von den Augen! Es ist ja nicht nur die Sonne, sondern auch der heiße Wind! In Steinhagen standen sie im kühlen Halbschatten der anderen Bäume.

Endlich komme ich auf die Idee, die Pflanzen mit einem schützenden Vlies einzuhüllen. Ein Tarp von Anfang an wäre hier wohl das einzig Richtige gewesen. Ich bin zerknirscht: Wie konnte ich nur...? Ich hoffe, die Pflanzen verzeihen mir noch einmal. Die nächsten Wochen werden es zeigen.

Lektion 2 also in Sachen Extensivierung: Geduld und Gelassenheit.

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